Michael Schindhelm | FREITAG IN VENEDIG

Freitag in Venedig

Wir beginnen mit den Vorbereitungen zu dem transmedialen Erzaehlprojekt FREITAG IN VENEDIG (FRIDAY IN VENICE).

Wir, das sind neben dem Initiator Michael Schindhelm
die Masterstudierenden der Zuercher Hochschule der Kuenste Michaela Buesse und Michael Faessler (siehe auch ihre Beitraege hier im Magazin);
die Architektin und Redakteurin Niloufar Tajeri;
die Urban-Designerin und Journalistin Aline Loew;
der Regisseur Robert Schuster und viele andere Mitwirkende.

Das Projekt wird unterstuetzt von
der Alfred Herrhausen Gesellschaft, Deutschland;
der Zuercher Hochschule der Kuenste, Schweiz;
dem Zentrum fuer Medien und Interaktivitaet der Universitaet Giessen, Deutschland;
La Biennale di Venezia, Italien;
OMA, Rotterdam, Niederlande

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WORUM GEHT ES?

Dieses Projekt berichtet von einem Gedanken-Versuch ueber die Frage: Welche Veraenderung ist in Europa moeglich?
Der Skeptiker sagt: Nichts ist moeglich. Andere sagen: Alles ist moeglich. Wieder andere sagen: Nichts ist unmoeglich.

Die Meinungen darueber, was wuenschenswert ist, gehen aus- und durcheinander. Europa soll gerechter, freier, sicherer, ganzheitlicher, umweltbewusster und optimistischer werden. Die einzelne Meinung verlangt das Moegliche, die Summe der Meinungen verlangt das Unmoegliche. Dieses Projekt ist ein Versuch, auf einige der dringendsten Fragen ueber die Lage des Kontinents, seiner Nationen und Bewohner vorlaeufige und vermutlich divergierende Antworten zu finden, die keine Summe bilden, aber eine kollektive Imagination davon, was moeglich sein koennte. Mit seiner Veroeffentlichung im Mai dieses Jahres wird FRIDAY IN VENICE ein Spiel beginnen, aber kein Nullsummenspiel.

FRIDAY IN VENICE wird sich auf der interaktiven Webseite www.lavapolis.com entfalten (siehe auch Eintrag auf dieser Webseite) und im August 2014 auf der Architekturbiennale von Venedig als interaktive Performance im Rahmen von MONDITALIA im Arsenale zu erleben sein. In FRIDAY IN VENICE begegnen sich der fiktive Europa-Besucher Friday mit den realen Benutzern unserer interaktiven Webplattform www.lavapolis.com und den Besuchern der Architekturbiennale von Venedig 2014.

Friday entstammt einer erfundenen Insel-Gesellschaft, die in einer Rahmengeschichte (Buch LAVAPOLIS von Michael Schindhelm, siehe michaelschindhelm.com/lavapolis) vorgestellt wird.

Fridays politische und soziale Beobachtungen ueber den Stand der Dinge im Europa der Parlamentswahlen 2014 und der italienischen EU-Praesidentschaft, die er in Form von Videoauftritten auf der Plattform  seinem Publikum kundtut, werden zum Anlass fuer ein Bewertungs- und Beteiligungsspiel rund um die Moeglichkeit eines wuenschbaren sozialen Wandels auf dem Kontinent.  In einer Gegenueberstellung von politischer Wirklichkeit und Heterotopie entsteht ein kollektiver Diskurs, der auf der Biennale von Venedig 2014 (im Rahmen von MONDITALIA, siehe unten) als die interaktive Show FRIDAY IN VENICE auch eine zentrale europaeische Domaene oeffentlicher Auseinandersetzung erreicht.

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Die Erzaehlung LAVAPOLIS:

Wir schreiben ein Jahr der nahen Zukunft. Die Weltgesellschaft ist in den bekannten Kalamitaeten zwischen wirtschaftlicher Misere, sozialer Unruhe, Ueberbevoelkerung oder Umweltzerstoerung befangen. Die Insel ist davor nicht geschuetzt, sie hat dennoch soziale, wirtschaftliche und kulturelle Modelle hervorgebracht, die einen (utopischen) heterotopischen Charakter tragen.

Menschen erzaehlen von ihrem Leben oder ihrem voruebergehenden Aufenthalt auf der Insel, die weiter entfernt ist als sonst ein Ort zwischen den griechischen, italienischen und nordafrikanischen Kuesten und etwa die Groesse Maltas hat. Die Erzaehler leben entweder auf der Insel (zum Teil seit deren Besiedelung nach 1945) oder halten sich als Besucher oder (von den Behoerden gefasster) illegaler Fluechtling voruebergehend auf der Insel auf. Sie kommen (wie fast alle Insulaner) aus anderen Laendern, gehoeren unterschiedlichen sozialen Schichten an und vertreten verschiedene Weltanschauungen und Religionen.

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Vorgeschichte: Die Insel war fuenfhundert Jahre lang vom Inferno eines Vulkanausbruchs beherrscht. Keine Spuren menschlichen Lebens hatten sich erhalten. 1945 erlischt der Vulkan. In den Wirren des griechischen Buergerkriegs gelingt es einem Mann, seinen Rechtsanspruch auf die Insel geltend zu machen. Mit amerkanischer Hilfe (Truman-Doktrin) wird er zum Patron ernannt. In den folgenden Jahrzehnten entwickelt sich das neue Fuerstentum zu einem Las Vegas des Mittelmeers, waehrend in den Nachbarlaendern Korruption, Militaerdiktatur und Fanatismus den Aufbau stabiler moderner Gesellschaften verhindern.

Nach dem Tod des ersten Patrons leitet der Sohn eine Abkehr vom Casino- und Offshore-Kapitalismus des Vaters ein. Der ehemalige Schueler Michel Foucaults bedient sich einer raumtheoretischen Ueberlegung des Philosophen (Des Espaces Autres), derzufolge es Gegenorte zur realen Welt gibt, die „diese Orte repraesentieren, infrage stellen und ins Gegenteil verkehren“. Foucault nannte solche Orte Heterotopien (andere oder Gegenorte).

Die neue Gesellschaft von Lavapolis verwandelt die Insel in eine politisch und soziale Heterotopie. Sie bedient sich neuester Erkenntnisse der Sozialforschung, Urbanistik, Migrationspolitik und Finanzwirtschaft, um ein Gesellschaftssystem zu errichten, das die reale Welt und ihre dramtischer werdenden Probleme zwar repraesentiert, aber auch ins Gegenteil verkehrt.

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REM KOOLHAAS‘ PROJEKT MONDITALIA AUF DER BIENNALE 2014

„In a moment of crucial political transformation, we decided to look at Italy, in many ways a fundamental country for our own research and interests. The coexistence of immense treasures, creativity and competences with permanent escalating crises, has been the source of both personal admiration and intense amazement, while its architectural achievements – from the Romans to the Renaissance and further to the modern golden age of the 1960s and 70s – have always been an inspiration in our own work.

Because the length of the Arsenale’s Corderie typically creates a sequence of individual episodes that do not form a single narrative, we propose to dedicate the entire building to a single theme – Italy – and to represent all aspects of Europe’s most crucial country in a form that ranges from architecture, theatre, and documentary, to films, re-enactments, exhibitions, lectures, debates, shows, …

We will collect a selection of Italian architecture – each project in our view representative of the country. The narration of each project would be left to invited contributors – both Italian and foreigners – who will collectively generate an ‚exhibition of exhibitions’… The Corderie would be treated as a continuous multidisciplinary performance space that represents Italy itself. In a unique collaboration with the Dance, Music, Theatre and Film Departments of La Biennale di Venezia, we hope to initiate a theatrical process that invites artists to respond, on their own terms, to the theme of Italy. We will offer a framework, a stage, schedule, and set; dramaturgy would then be the responsibility of the participant…

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Throughout the Corderie, the exhibitions, a series of theatrical productions and events will unfold, engaging architecture, politics, economics, religion, technology, industry… Each one could leave a physical trace in the form of sets, objects, written material, projections, or the extended presence of people. The Corderie would be imagined as a multidisciplinary work in progress, constantly evolving and on permanent display, with varying degrees of activity and varying scales of productions taking place in its different sections.“

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