„Friday in Venedig“ im Europaparlament gelauncht
Michael Schindhelm und Daniela Baer schildern ihre Impressionen des Launch von „Friday in Venice“, der am 8. Mai 2014 in Strassburg stattfand.
Seit dem 8. Mai gibt es www.lavapolis.com/agora/friday-in-venice fuer die Oeffentlichkeit. Waehrend an diesem Tag ein halbes Dutzend unermuedlicher Kollegen zwischen Berlin und Zuerich noch an der Webseite gebastelt haben, sind Gabor Biedermann, der Darsteller von Friday, und ich nach Strassburg gefahren, um vor 120 jungen Journalisten aus allen EU-Mitgliedsstaaten diese Webseite zu launchen. Im Europaparlament. Ein bisschen war es wie Premiere ein paar Wochen vor der Premiere.
Aber der deutsche Regisseur Robert Schuster und seine Gruppe von Schauspielern, Geraeuschemachern und Puppenspielern aus Frankreich, Israel, Island, Deutschland und Belgien hatten bereits Videos produziert, die so kurios und einfach gelungen waren, dass ich keine Angst vor unserem Auftritt hatte.
Strasbourg und das Parlament waren, von den 120 Journalisten abgesehen, ziemlich leer. Ein lindes Lueftchen aus West in den Platanen- und Kastanienkronen, sonst keine Bewegung. Armistice (Sieg ueber Hitlerdeutschland). Feiertag.
Wir hatten also das Parlament fuer uns und durften von Lavapolis erzaehlen, der fiktiven Insel im Mittelmeer, von Friday, ihrem Bewohner, von seiner bevorstehenden Reise durch Europa, die an diesem Tag beginnen wuerde. Gabor hatte sich vorgenommen, als Deutsch-Ungar, der in Frankreich geboren und in Portugal aufgewachsen ist, ueber die Moeglichkeit einer europaeischen Identitaet zu sprechen. Eine Hollaenderin im Publikum erklaerte anschliessend, das so noch nie gehoert zu haben. Ein Englaender meinte, das Besondere an Europa sei, dass man mehrere Identitaeten zugleich haben koenne: zum Beispiel Schotte, Englaender und Europaeer in einem.
Ich gab zu, noch nie so etwas Wahnsinniges wie dieses Projekt angefangen zu haben. Ein Projekt, das erst anfaengt, wenn es fertig ist. Oder umgekehrt. An dem ich seit einem Jahr arbeite, um jetzt meine Autorschaft allmaehlich an das Publikum abzugeben.
Dann haben wir das Video gezeigt, in dem Friday aufruft, Kandidaten fuer eine Europa-Regierung zu finden (das Video koennen Sie hier anschauen). Eine Daenin fragte mich danach, warum wir Kunst und Wirklichkeit vermischen. Weil Kunst uns von der apodiktischen Wirklichkeit befreie, gab ich unvorsichtig zurueck.
Dann suchten wir nach dem Ausgang aus dem Parlament. Das elsaessische Dunkel brach ueber den glasbedachten Korridoren herein. Wir wanderten einzeln und in Gruppen durch das feiertagsstille Parlament. Ich hatte keine Angst. Und wenn wir nicht herausgekommen sind, so wandern wir noch heute.
Michael Schindhelm
Friday betritt an einem Donnerstag im Mai das Europaparlament in Strasbourg und macht dabei die ersten Schritte einer Reise durch ebendiesen Kontinent, die die Biennale in Venedig zum Ziel hat. Während nebenan der Plenarsaal ohne Plenum auskommen muss, potenziert sich Fridays Publikum innert Sekunden um ein Vielfaches – die als VIPs bezeichneten Jungjournalisten filmen und fotografieren, man twittert und postet, tauscht Visitenkarten und Pseudonyme. Die Atmosphäre gleicht einem Pfadfinderlager mit politischem Geist: Gemeinsam wird in Richtung des Podiums über Europa nachgedacht und diskutiert, während man in der Pause Kontakte knüpft und den professionellen Visitenkarten private Telefonnummern hinzufügt. Pro Sitzplatz liegen gleich mehrere Kommunikationstools und warten auf ihren Einsatz, dank dem nicht zuletzt auch Friday mit Siebenmeilenstiefeln durch Europa wandern können wird – auf der Suche nach Begegnungen mit dem Publikum, das durch die Teilnahme an den Debatten auf www.lavapolis.com zusammenrückt.
Daniela Bär studiert Kulturpublizistik im Master Art Education an der Zürcher Hochschule der Künste und hat in Strasbourg für den Twitter-Account von Friday fotografiert.