Angela Merkel
Politiker gibt es immer in doppelter Ausgabe: als öffentliche und private Person. In der Regel fällt der öffentliche Mensch viel grösser aus als der private. Als ich eines Vormittags im Hause von Daniel Barenboim den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Weizsäcker zum ersten Mal im nichtöffentlichen Rahmen traf, bewegte sich Weizsäcker nicht anders als im Schloss Bellevue, seinem einstigen Amtssitz. Obwohl er einen braunen Cordanzug trug, auf die Krawatte verzichtet hatte und uns erzählte, wie er ein paar Tage zuvor das Ständchen für Zubin Methas 60. Geburtstag (den Tannhäuserchor, zusammengesetzt aus Familie und Freunden) geleitet hatte. Bei Weizsäcker sind private und öffentliche Person fast eins geworden. Bill Clinton ist ein Beispiel dafür, was passiert, wenn die private Person die öffentliche dominiert. Keine Geste der Härte und Entschlossenheit, mit der sich der supermächtige Balkanfeldherr in Kreise seriöser Politik zurückzumelden versuchte, konnte die Erinnerung auslöschen an den Impeachmentfirlefanz um einen untreuen Ehemann mit fataler Vorliebe für mollige Praktikantinnen. Christoph Blocher ist die helvetische Variante einer Vereinigung von öffentlicher und privater Person. Zumindestens war das so, bis er zum Bundesrat gewählt wurde. Wenn der Mann redete, dann redete der rechtskonservative patriotische Unternehmer. Wenn er „ich“ sagte, meinte er „wir“, wenn er „wir“ sagte, „ich“. Inzwischen macht es Spass dabei zuzusehen, wie aus dem einfachen ein doppelter Christoph wird. Verantwortung übernehmen ist eben schwer, Verantwortung haben noch viel mehr.
Das wird sich meine alte Freundin Angela Merkel des öfteren gesagt haben, vor allem in den zurückliegenden vier Jahren, seitdem sie an Helmut Kohls Stelle die CDU führt. […]