Michael Schindhelm | DAS GROSSE GESELLSCHAFTSEXPERIMENT „METROPOLIS DUBAI“ UND SEINE BEDEUTUNG FüR DIE WIRTSCHAFT IN DER SCHWEIZ

Das grosse Gesellschaftsexperiment „Metropolis Dubai“ und seine Bedeutung für die Wirtschaft in der Schweiz

Die superlativischen Anstrengungen Scheich Mohammeds bin Rashid Al Maktoum der vergangenen Jahre (und letztlich bis in diese Tage der Eroeffnung des Burj Chalifa), die Welt darauf aufmerksam zu machen, dass er mit seinem Emirat die “Nummer Eins” (Interview in 60 Minutes, CBS) werden will, korrespondieren mit den frenetischen Formulierungen (positiven wie negativen), die westliche Beobachter und Besucher fuer Dubai gesucht und gefunden haben. Diese Stadt, noch lange und vielleicht auch in Zukunft niemals fertig gebaut, ist ein Ort der Extreme. Wer an den Golf kommt, erfaehrt ein neues Gefuehl fuer Raum und Zeit, Temperatur und Kultur. Und wer sich diesem Gefuehl, gern oder ungern, eine Weile aussetzt, den laesst es nicht mehr los. Die Welt sieht anders aus von Dubai als von Europa, fuer manche aergerlich, fuer andere faszinierend anders.

Zwischen Europa und der Schweiz einerseits und den Staaten am Golf andererseits sind wirtschaftliche Verflechtungen entstanden, die zu einem gegenseitigen Interesse an einer Erholung der oekonomischen Situation auch am Golf gefuehrt haben. Die Beteiligungen von grossen arabischen Investmentfonds an amerikanischen und europaeischen (auch deutschen) Unternehmen zeigt, dass die Golfstaaten an die Langfristigkeit von engen Wirtschaftsbeziehungen zu Europa und deren Profitabilitaet und Innovation glauben. Die Zeiten, da Oelscheichs ihre Millionen in Apartments an der Fifth Avenue oder in Platingeschirr angelegt haben, sind vorbei. Man will teilnehmen an der Gestaltung der globalen Wirtschafts- und Finanzmaerkte und beruft sich selbstbewusst auf das eigene Investitionspotential. Die Golfstaaten scheinen auch unter dem Druck der internationalen (also meist kritischen westlichen) Offentlichkeit innovative Wirtschaftszweige fuer sich entdeckt zu haben. Abu Dhabi plant eine muellfreie Stadt fuer fuenfzigtausend Menschen, viele der kreativen Umweltunternehmen aus etwa Deutschland oder den USA tummeln sich heute in Dubai und andernorts am Golf.

Der Golf wird die Diversifizierung seiner Oekonomie weiter vorantreiben muessen. Wenn man nicht nur eine Oelquelle mit Shoppingmall sein moechte, wird man Strategien dafuer entwickeln muessen, wie neben dem Handel auch die Produktion von Guetern intensiviert werden kann. Fuer all diese Anstrengungen braucht die Region eine funktionierende Logistik: einen grossen Flughafen und einen entsprechenden Hafen, Infrastruktukturen fuer Finanzdienstleister und Kommunikation. Dubai hat alles das. Auch nach der Krise. Deshalb ist es wichtig, die Stadt nicht mit ihren Problemen alleinzulassen. Um Dubai besser verstehen zu koennen, lohnt sich eine genauere Beschaeftigung mit seiner politischen und wirtschaftlichen Entstehung und seiner kulturellen Entwicklung.

The Making of Dubai

Die Region politisch

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Problematische Nachbarn.

Die geopolitische Nachbarschaft von Dubai ist von politischer Instabilitaet (Yemen, Pakistan, Iran, Irak, Afghanistan, Kuweit, teilweise auch Indien) und einer Anfaelligkeit gegenueber religioesem Fanatismus gekennzeichnet. Keine guenstige Voraussetzung fuer den Aufbau einer weltoffenen Gesellschaft.

Die Region wirtschaftlich

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Bodenschaetze, unterschiedlich verteilt. Dubai hat fast keine.
  • Saudi Arabien: 264.21 Mrd Barrels
  • Iran: 136.15 Mrd Barrels
  • Irak: 115.00 Mrd Barrels
  • Kuwait: 101.50 Mrd Barrels
  • UAE: 97.80 Mrd Barrels
  • Qatar: 15.21 Mrd Barrels

Produktion im Detail

Abu Dhabi 3 Mio. Barrels/Tag

Dubai 80 000 Barrels/Tag

Erdoel und -gas waren fuer einige Jahrzehnte Garanten fuer den finanziellen Reichtum einiger Staaten auf der und rund um die Arabische Halbinsel. Bis vor kurzem war jedoch selten ein Versuch zu erkennen, diesen Reichtum in wirtschaftliche und soziale Prosperitaet zu uebertragen.

Vor allem mit der Gruendung der Vereinigten Arabischen Emirate (hier UAE) im Jahre 1971 hat sich das geaendert. Der erste Praesident Scheich Zayed interpretierte die gewaltigen Erdoelvorkommen auf dem Gebiet von Abu Dhabi als ein goettliches Geschenk, aber auch als ein Gebot fuer den Aufbau einer modernen Gesellschaft.

Die Regierung von Dubai unter Fuehrung von Scheich Rashid erkannte fruehzeitig, dass die geringen Vorkommen auf dem Territorium des Emirates nur eine kurze Zeitspanne fuer eine wirtschaftliche Diversifizierung und Abkopplung vom Oel erlauben wuerden. Mit einer dauerhaften Subvention durch Abu Dhabi konte auch nicht gerechnet werden. Dubai musste sich beeilen, um von der “Droge” Erdoel loszukommen. Es entwickelte sich ein hektisches Tempo wirtschaftlicher und infolgedessen auch sozialer Entwicklung: der Dubai Speed.

Dubai Up (bis 2008)

Tatsaechlich ist dem Emirat auf dem Weg in eine aufgefaecherte Volkswirtschaft in den zurueckliegenden Jahrzehnten eine Menge gelungen. Die strategische Entscheidung einer Losloesung vom Oel und Hinwendung zu diversen Dienstleistungen fuehrte zu einer raschen Bevoelkerungsentwicklung (s. Making of Dubai 3) und einem hohen Wachstumstempo (zwischen 2001 und 2005 durchschnittlich 13,4 %). Das Bruttosozialprodukt lag 2007 bei 73 Mrd $.

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Mehr als ein Viertel aller Baukraene weltweit drehten sich ueber der Stadt

Bruttosozialprodukt im Detail

Dienstleistungen 73.6 %

(Handel, Baugewerbe, Verkehr, Logistik, Immobilieninvestment und Finanzen, Tourismus, Soziale Dienstleistungen)

Industrieproduktion 13.1 %

Oel- und Gasproduktion 5.1 %

Andere 8.2 %

In 2007 wurden 2369 Gebaeude fertiggestellt, darunter mehrere hundert Wolkenkratzer. Im September 2009 wird der erste Bauabschnitt der Dubai Metro fertiggestellt. Dabei handelt es sich um das erste automatisierte oeffentliche Stadtbahnsystem des Mittleren Ostens und das laengste weltweit. Die Eroeffnung des hoechsten Gebaeudes der Welt, des Burj Dubai, ist fuer Ende des Jahres vorgesehen

Dubai Down (2008 – ?)

Wie stark die globale Finanzkrise auch Dubai treffen wuerde, liess sich zum ersten Mal ausmachen, als das Mitte November 2008 noch mit Hollywood-Prominenz und einem auch im Weltraum zu beobachtenden Feuerwerk (Kostenpunkt 20 Millionen $) eroeffnete Luxushotel Atlantis nur wenige Wochen spaeter gezwungen war, seine leeren Hotelzimmer fuer umgerechnet 30 Euro pro Nacht anzubieten. Wer von einem der Wolkenkratzer an der Sheikh Zayed Road Anfang Dezember kurz vor Sonnenuntergang einen Blick auf die Horizontlinie des Golfs werfen konnte, entdeckte dort eine Schlange von Hochseeschiffen, die vergeblich auf die Loeschung ihrer Ladungen im Hafen von Dubai warteten. Die Stadt, die eben noch alles verschlungen hatte, was sie kriegen konnte, Stahl, Zement, Glas, und vor allem Menschen und Kapital, begann, das alles nun wieder auszuspucken. Das Projekt einer gigantischen Ueberbauung von 4,2 Millionen Quadratmetern geriet in ein heftiges Stocken. Viele der bereits angekuendigten Bauplanungen liegen auf Eis, einige sind offiziell bereits abgebrochen worden.

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Viele Raeder stehen still. Baustelle Old Town ploetzlich old and down?

Bereits in 2008 kuendigte die Regierung ein erwartetes Defizit fuer 2009 in Hoehe von 1,2 Mrd $ an sowie eine Ausgabenerhoehung um 42 % von 7,2 Mrd auf 10,3 Mrd $. Diese Zahlen sollten sich jedoch in den folgenden Monaten als zu optimistisch erweisen. Meines Wissens liegen keine gesicherten Daten ueber die aktuelle wirtschaftliche Lage in Dubai vor. Die Behoerden sind infolge der massiven negativen Berichterstattung westlicher Medien ueber die tatsaechlich dramatischen wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen der Krise in eine Informationsdefensive gegangen. Niemand weiss genau, wieviele Menschen seit Beginn 2009 die Stadt verlassen haben, sicherlich sind es mehrere Hunderttausend. Ebenso ist der Tourismus stark eingebrochen. Zugleich gibt es aber einen Zustrom von neuen Einwanderern. Waehrend indische und pakistanische Bauarbeiter ausgewiesen wurden, westliche Manager und Geschaeftsleute, Superreiche und Spekulanten aus aller Welt die Koffer packten, haben sich vor allem junge Leute aus Europa und Russland auf dem Dubai-Trip gemacht. Dank der Kreditgarantie von 10 Mrd $ durch das oelreiche Nachbaremirat Abu Dhabi und die Auflage eines Programms von Staatsanleihen in Hoehe von 20 Mrd zur Stabiliserung der Wirtschaft wird Dubai eventuell der Weg aus der Krise in eine Post-Boom-Gesellschaft schaffen und damit erneut den anderen Golfstaaten ein Beispiel geben dafuer, durch welche Hoehen und Tiefen die Entwicklung von einer Stammesgesellschaft in eine globale Urbanitaet und Zivilisation fuehrt.

Die Welt der Gastarbeiter

Im Zuge der beschleunigten Entwicklung der Wirtschaft im allgemeinen und des Immobiliengeschaefts und Tourismus im besonderen hat sich die Lebenswelt von Dubai im Verlaufe der letzten dreissig Jahre dramatisch veraendert. Die Abkopplung von der „Droge“ Oel (s. Teil 2 und 3) zugunsten einer diversifizierten Oekonomie liess sich nur durch eine fuer die arabische Welt ungewoehnlich weireichende Oeffnung gegenueber Menschen und Kapital aus anderen Laendern und Kulturen realisieren.

  • Bevoelkerung: 1,600,000 (2008)
  • 94 % Auslaender aus ueber 200 Nationalitaeten
  • 2 Amtssprachen: Arabisch und Englisch, die Mehrheit der Bevoelkerung (Bauarbeiter und Dienstleistungspersonal) spricht Hindi und Urdu; Russisch, Franzoesisch, Chinesisch, Deutsch etc. ebenfalls unter jeweils groesseren Bevoelkerungsgruppen
  • Religionen: Islam, Hinduismus, Christentum, andere

Die problematischen Restriktionen bei der Einwanderung in die Vereinigten Arabischen Emirate sind andernorts weitreichend dargestellt worden und auch dem Autor als Hindernis beim Aufbau einer tatsaechlich offenen multikulturellen Gesellschaft bekannt: Die VAE praktiziert keine rechtlich verankerte Anerkennung emiratischer Staatsbuegerschaft, stattdessen das Prinzip einer Aufenthaltserlaubnis auf Zeit, die nur durch einen von emiratischen Behoerden autorisierten Buergen legitimiert werden kann und auf jeweils maximal drei Jahre begrenzt ist. In der Regel ist der Arbeitgeber Buerge fuer einen neu einreisenden Auslaender, mit dem Arbeitsverhaeltnis erlischt auch das Aufenthaltsrecht. Insbesondere seit dem durch die Wirtschaftskrise 2008/09 verursachten massiven Stellenabbau erweist sich dieses System als unhaltbar. Insgesamt laesst sich erkennen, dass die Regierung der VAE und insbesondere von Dubai an einer Lockerung der Bestimmungen arbeitet, um nicht eine dauerhaft ruecklaeufige Bevoelkerungsentwicklung zu verursachen.

Das Dubai der Emiraties

Zugleich hat der aggressive Zuzug von Auslaendern die emiratische Bevoelkerungsgruppe zu einer verschwindenden Minderheit im eigenen Land werden lassen. Diese Entwicklung birgt Gefahren fuer die Wahrung emiratischer Identitaet in sich. Arabische und islamische Traditionen treten zugunsten eines globalen, kulturell unspezifischen Lebensstils in den Hintergrund. Die eigene Sprache wird zur Randerscheinung, selbst untereinander sprechen Emiraties haeufig ein Gemisch aus Arabisch und Englisch, die Kinder lernen bereits in der Schule von Lehrern, die aus Aegypten oder dem Libanon kommen, ein anderes Arabisch als die ihnnen vertraute Muttersprache, die meisten Hochschulen und Universitaeten lehren in Englisch.

In den zurueckliegenden Jahren ist es vorgekomen, dass in Touristenresorts der Beginn des Ramadan ignoriert wurde und Restaurants ihren Betrieb wie gewohnt fortfuehrten. Die alles fuehrt zu Entfremdungserscheinungen unter den Einheimischen.

Diese werden verschaerft durch die dramatische Veraenderung der physischen Wirklichkeit Dubai. Wer heute aelter als vierzig Jahre ist, ist in der Regel um die tief in die Wueste einschneidende und bei den einheimischen als Khor (Creek) bezeichnete Meeresbucht und Lebensader aufgewachsen.

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Khor Dubai, die Bucht und urspruengliche Lebensader der Stadt

Mit dem Boom seit den achtziger Jahren und der sich explosionsartig entlang der Kuste und in die Wueste hinein ausbreitenden Stadt wurden auch die meisten Emiraties in neue Lebensverhaeltnisse katapultiert.

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Die Stadt (in) der Zukunft: alle gelben Flaechen sind in Bau oder Planung

Viele Menschen, die noch ohne fliessendes Wasser zu Hause geboren wurden, leben heute in einem technologisch ultramodernen Environment, ohne sich dort immer wohlzufuehlen. Das moderne Leben stellt islamische Lebensgewohnheiten und soziale Normen radikal infrage. Spannungen zwischen Generationen und Geschlechtern nehmen zu. Dubai wird – freiwillig oder nicht – zur sozialen Avantgarde fuer die arabische Welt, insbesondere am Golf.

Die Vorgeschichte der Stadt

(historische Fotos)

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Sechs Beduinenfuersten beschliessen die Foederation

Schon vor 2000 Jahren sollen um das Gebiet Jumeirah Siedlungen bestanden haben. Seit dem siebzehnten Jahrhundert wurde die bis dato namenlose Region als Piratenkueste bezeichnet. Als die Gefahr von Ueberfaellen zunahm, zwang die Britische Flotte den Scheich von Dubai 1820 zu einem Nichtangriffspakt und verpflichtete sich gleichzeitig zum Schutz der Kueste. 1833 uebernahm die Familie Maktoum die Macht in Dubai und begann mit der Ansiedlung iranischer Fischer und Haendler in der Region rund um den Creek.

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Die Altstadt wurde nach persischem Vorbild gebaut, von persischen Einwanderern

Das Konzept der Einwanderung zum Zweck der wirtschaftlichen Entwicklung zum gegenseitigen Nutzen der einheimischen Bevoelkerung und der Fremden wurde zum ersten Mal angewandt und blieb bis heute fuer die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Dubais massgebend. Um 1900 erlangte die Hafenstand regionale Bedeutung und beherbergte um die 100 000 Menschen, verlor ihren Einfluss als Drehscheibe fuer die Perlenfischerei mit der Weltwirtschaftskrise und die Erfindung der kuenstlichen Perle in Japan (dreissiger Jahre).

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Regionale Drehscheibe

Grenzstreitigkeiten zwischen Abu Dhabi und Dubai fuehrten zu einem durch das britische Protektorat beigelegten militaerischen Konflikt (1947). 1968 entschied die britische Regierung den Abzug ihrer Truppen und die Aufloesung des Protektorats. Zugleich hatte die Erschliessung von Oellagerstaetten insbesondere auf dem Gebiet von Abu Dhabi die Region in den Fokus des internationalen Petrolgeschaefts gesetzt. Unter der Fuehrung von Scheich Zayed (s. auch Artikel ueber Nusseibeh ueber die Emirate und Scheich Zayed) und mit Unterstuetzung von Scheich Rashid von Dubai wurden 1971 die Vereinigten Arabischen Emirate gegruendet. Den zunaechst sechs Emiraten schloss sich ein jahr spaeter das noerdlich gelegene Ras-Al Khaimah an. Sieben beduinische Familiengruppen traten am Golf den Weg von der mittelalterlichen Stammeswirtschaft in die Modernisierung an. Heute rangieren die VAE auf Platz 36 unter den wichtigsten Volkswirtschaften und verfuegt ueber eines der hoechsten Bruttosozialprodukte pro Kopf in der Welt. Dieser Aufschwung ist bekanntlich nicht einfach erkauft.

Der Dubai Speed

(historische Fotos)

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Khor (Creek) Dubai: Die Wiege der Stadt

Wer neu in Dubai ankommt, spuert rasch, hier herrschen andere Zeit- und Raumverhaeltnisse. Selbst in Zeiten der Krise wird sichtbar, wie schnell die Stadt sich veraendert. Dubai ist ein gigantischer Transitraum, alles ist in Bewegung: Menschen, Kapital und Material. Es gibt Bilder, die keine weiteren Kommentare benoetigen:

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Dubai Creek gestern
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Dubai City heute
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Strasse der Gegenwart
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Strasse der Zukunft

Die grossen Kulturplaene liegen (in Dubai) derzeit auf Eis

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Ist globale Kultur moeglich?

Dubai und die Vereinigten Arabischen Emirate insgesamt – insbesondere auch die Hauptstadt Abu Dhabi – spielen seit zwei Jahren in der Phantasie der westlichen, insbesondere der westeuropaeischen Kulturwelt eine immer bedeutendere Rolle. Vor allem mit ungewoehnlichen Bauprojekten hat sich die Golfregion international bekannt gemacht. Am Anfang stand das teuerste Hotel, dann kam der hoechste Turm, es folgten die Aufschuettungen im Meer (The Palm, The World), das teuerste Pferderennen, eine Shopping Mall mit Skipiste etc.

Im Februar 2007 hat die Ankuendigung von Abu Dhabi, innerhalb der naechsten Jahre eine Filiale des Louvre und der Guggenheim einrichten zu wollen, in der westlichen Kulturoeffentlichkeit fuer Aufregung gesorgt. Die Plaene, fuer den sogenannten Culture District auf der Saadiyat-Insel mit Architekten wie Frank Gehry, Jean Nouvel, Zaha Hdid oder Tadeo Ando zusammenarbeiten zu wollen und dafuer eine zweistellige Milliardensumme zu investieren, sind insbesondere in Frankreich (aber unter anderem auch in Deutschland) zunaechst auf Ablehnung gestossen.

Jedes Fuerstentum hat seine Geschichte und seine eigene Entwicklung. Keineswegs laeuft der Kulturaufbau ueberall nach demselben Strickmuster ab. Dubai, die Handels- und Toursimusmetropole, das kosmopolitische Kraftzentrum der gesamten Region, hat eine spezifische Strategie entwickelt, um einen Ausgleich zwischen der emiratischen Kultur und deren Pflege einerseits und dem multinationalen Umfeld andererseits zu schaffen, das sich in den letzten zwei Jahrzehnten in Dubai etabliert hat.

Im Maerz 2008 hat der Herrscher von Dubai eine neue Regierungsorganisation ins Leben gerufen, die in den kommenden Jahren den Auftrag hat, die wachsende Stadt mit einer adaequaten Infrastruktur auszustatten. Nachdem die Hardware von Dubai als Gesamtstadtplanung vorliegt, geht es in den kommenden Jahrzehnten um die Entwicklung der Software. Kultur und Bildung spielen eine zentrale Rolle. Das gleichzeitig mit der Gruendung der Behoerde angekuendigte Projekt Khor Dubai, kuenftiges Zentrum fuer den Kulturaufbau in Dubai, reflektiert nicht nur die Zukunft, sondern auch Tradition und Erbe des Emirates. Hier, an einer tief in die Wueste hineinragenden Meeresbucht, hat vor 170 Jahren mit der Ansiedlung iranischer Haendler die Geschichte von Dubai als Handelsplatz begonnen. Fuer Generationen war Dubai identisch mit Khor Dubai. Rund um die Bucht befinden sich die wenigen Bauzeugnisse aus der Geschichte von Dubai. Ihrer Erhaltung kommt eine wichtige Rolle dabei zu, den Emiraties ihre eigene Vergangenheit in Erinnerung zu halten. Es ist fuer einen Europaeer schwer vorstellbar, was es bedeutet, in einer Gesellschaft zu leben, in der 85 Prozent der Menschen Auslaender sind und man selbst innerhalb weniger Jahrzehnte soziale Veraenderungen durchlebt wie andernorts in Jahrhunderten. In einer kosmopolitischen Welt wie Dubai gibt es keine Leitkultur. Tradition und Erbe der einheimischen Beduinen heute zu erhalten , ist die Voraussetzung dafuer, dass es in Zukunft noch eine emiratische Kultur geben wird, die nicht im Furor globaler Kommunikation verschwindet. um den Kulturaustausch zwischen West und Ost, Tradition und Moderne, moeglichst rasch in Gang zu bringen, wurde 2008 ein Kulturpavillon entwickelt.

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Geplanter Brueter fuer den Kulturaustausch

Im Museumsbereich hat sich Dubai fuer eine Kooperation mit den grossen deutschen Museen entschieden, um ein Universalmuseum aufzubauen, das ebenfalls am Khor Dubai gelegen sein wird. Die Idee eines zeitgenoessischen Universalmuseums hat sich aus dem Charakter Dubais ergeben: Da die Menschen aus aller Herren Laender kommen, sollten auch die in Dubai verhandelten und zur Schau gestellten kulturellen Inhalte und Werte die Kulturen der Welt repraesentieren. Das Projekt des Universal Museum von Dubai beabsichtigt, die grossen Museen der Welt einzuladen, sich an der Entwicklung eines moeglichst vielseitigen Ausstellungskomplexes in Dubai zu beteiligen

Der Traum von der Gemeinsamkeit: Abu Dubai

Das Jahr 2009 ist fuer Dubai zum Jahr der Entscheidung geworden. Bislang hatte es so ausgesehen, als koenne man am Golf alles absorbieren: Kapital, Menschen, Ideen. Zukunft. Nun hat sich gezeigt (mit Niklas Luhmann), die Zukunft laesst sich nicht planen. Sie geschieht. Wer juenger als Dreissig ist, hat nicht erlebt, dass es einmal nicht vorwaerts, schneller und weiter gehen kann. Dubai kann sich nicht allein aus der Klemme helfen. Der oelreiche Nachbar Abu Dhabi hat im Februar 2009 ein Rettungspaket von 80 Milliarden Dollar zugesagt. Natuerlich nicht, ohne Gegenleistungen zu fordern.

Es wird ein paar Monate dauern, bis ueber das Universalmuseum oder die von Zaha Hadid entworfene Oper und andere Projekte die Wuerfel fallen, und niemand kann im Augenblick genau sagen, was passieren wird. Eines steht fest: Die Zukunft hat zwei Optionen. Entweder halten Dubai und die Staaten am Golf an ihrer Strategie fest, eine moderne islamische Gesellschaft mit globaler Praesenz und Kooperation aufzubauen, oder die Region wird ihre Bedeutung als internationaler Handelsplatz verlieren und islamistischer Reaktion geopfert werden.

Die aktuelle Revision hat deshalb auch etwas Gutes: Sie trennt die Spreu vom Weizen und verlangt den Herrschern am Golf ein Bekenntnis ab zu jenen Projekten, die fuer die Weiterentwicklung ihrer Laender wichtig sind. Es koennte ausserdem sein, dass nun ungenutzt bleibende, ehemals fuer kommerzielle Zwecke vorgesehene Raeume zu Kulturstaetten umgewidmet werden. Investmentbrachen anstatt Hochglanz fuer die Kunst. Ridiculously modest koennte die Maxime sein, mit der die Karawane weiterziehen wird. Das vom hollaendischen Architekturbuero OMA vorgeschlagene Modell eines Kulturpavillons reflektiert diesen Trend.

Die neue Lage wird den Wettbewerb zwischen Abu Dhabi und Dubai auf ein gesundes Mass drosseln. Grob gesagt verfuegt Abu Dhabi ueber die notwendigen natuerlichen und Dubai ueber die notwendigen Bevoelkerungsressourcen, um eine metropolitane Infrastruktur fuer Kunst und Kultur aufzubauen. Die beiden Emirate werden in den naechsten Jahren staerker voneinander profitieren. Dubai von Abu Dhabis materiellem, Abu Dhabi von Dubais sozialem Reichtum. Schon heute ist die 120 km lange Kuestenlinie zwischen den beiden Emiraten durchgehend Bauentwicklungsgebiet. Abu Dhabi und Dubai wachsen zusammen. Es ist nicht die Not, sondern die Klugheit, die zu einem selbstbewussten, einem krisenerfahrenen Aufbau raet: der Entstehung von Abu Dubai.

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Die Masterplaene von Dubai und Abu Dhabi vereint

Wir, in der Schweiz, in Europa, und nun auch am Golf

Es leben schon heute mehr als eine Viertelmillion Europaeer am Golf. Viele von ihnen werden Dubai in 2009 verlassen haben, aber andere Menschen aus dieser Region kommen. Die Neuen werden im Durchschnitt vor allem realistischer ueber die Stadt ihrer Hoffnungen denken und auf groessere Schwierigkeiten und mehr Hindernisse bei der Entwicklung ihrer persoenlichen Lebensperspektive vorbereitet sein. Und sie werden vielleicht im kommenden Jahr ein Sozialsystem vorfinden, das besser als das bestehende auf wirtschaftliche Unbilden zu reagieren vermag. Dubai und die Region am Golf wird also weiterhin ein Stueck Europa beinhalten, verkoerpert durch einen erheblichen Bevoelkerungsanteil, der wahrscheinlich (wie bisher) an der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen besonderen Anteil haben wird. Denn viele dieser Menschen sind entweder als regierungsnahe Spezialisten direkt an der Fortsetzung des Projektes Dubai beteiligt, oder entwickeln (wie in der Vergangenheit) soziale und kulturelle Initiativen, die Dubai zu einer reicheren und vielgesichtigen Stadt machen.

Es ist noch nicht ausgemacht, ob das gesellschaftliche Experiment Dubai eine positive und erfolgreiche Fortsetzung finden wird. Die Vision Scheich Mohammeds, in forschem Tempo eine moderne Gesellschaft aufzubauen und Menschen aus aller Welt einzuladen, sich an diesem Aufbau zum gegenseitigen Vorteil zu beteiligen, ist fuer die islamische Welt eine ungeheure Provokation. Mit dem Einbruch der Krise steht infrage, ob die Emiraties in ihrer Mehrheit bereit sind, dieser Vision weiter zu folgen. Denn auch die einheimische Bevoelkerung leidet unter den Folgen des wirtschaftlichen Niedergangs, und die Sorge um die Zukunft breitet sich aus. Leicht koennte die Stimmung umschlagen und die Reform- und Modernisierungsgegner ans Ruder bringen. Aus verstaendlichen Gruenden ist es vielen Emiraties zu schnell gegangen mit der Umgestaltung ihrer Lebenswirklichkeit. Sie fuehlen sich in die Ecke gedraengt, in einer fremde, hypermoderne Glitzermetropole verbannt, die sie sich nur bedingt ausgesucht haben und die so wenig gemein hat mit ihrer Welt von gestern. Und waehrend sie immerhin bis eben noch an einem allgemeinen Fortschritt und Wohlstand partizipierten, steht nun auch das zur Diskussion.

Das Tagi-Magi frohlockte vor ein paar Monaten in einem die Krise am Golf schildernden Beitrag: Good bye, Dubai. Morgendland ist abgebrannt. Ja, leider ist Morgenland in vielen Regionen abgebrannt: In Palaestina oder dem Irak, Pakistan oder Afghanistan. Und kein Ende in Sicht. Andererseits geraten wir, der Westen, Europa, immer mehr in die Splendid Isolation eines sich fuer politisch und wirtschaftlich unanfechtbar haltenden Systems. Dubai ist eine, bis auf weiteres problematische, Alternative zum Clash of Cultures. So wird diese Stadt von Millionen Menschen in der islamischen Welt gesehen. Und von immer mehr Menschen in unseren Laendern.

Referat, Basler Unternehmerforum.

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