Michael Schindhelm | SELBSTVERTEIDIGUNG UND VERLUST DES LYRISCHEN ICHS

Selbstverteidigung und Verlust des lyrischen Ichs

Klaus Huber und ich, wir begannen Ende der 90er Jahre, an einer Oper über Ossip Mandelstam zu arbeiten. Wir wollten weder eine reine Literaturoper noch ein biografisches Werk. Trotzdem sollte das Leben des russischen Lyrikers aufscheinen und seine Dichtung der entscheidende Impuls zur musikalischen Äusserung werden. 2001 wurde „Schwarzerde“ in Basel uraufgeführt. Das Libretto enthält viele Verse und Textschnipsel Mandelstamscher Gedichte. Sie, diese Gedichte, waren für Mandelstam dem stalinistischen System „abgestohlene Luft“. „Schwarzerde“ wurde eine Erzählung über die Atemnot und die Selbstverteidigung des lyrischen Ichs.

Als der chinesische Dichter Gu Cheng Anfang der 90er Jahre nach Berlin kam, erklärte er, er sei bereits tot, unter dem Papierhut, den er selbst auf der Strasse trug, befinde sich ein Geist. […]

Neuen Kommentar hinterlassen